Nordrhein Westfalen ist kulinarisch gesehen in diverse Zonen aufgeteilt. Vor allem in den großen Städten wie Köln, Bonn und auch rund um Düsseldorf konzentrieren sich die mit Michelin Sternen und Gault Millau Punkten dekorierten Restaurants.
Den Ruhrpott würde man wohl als kulinarisches Niemandsland bezeichnen, wenn es nicht einige Ausnahmen geben würde, Restaurants die ambitioniert Kochen und gleichbleibend hohes Niveau servieren. Schaut der Genießer in den Gault Millau, so findet sich in dieser Ecke nicht wirklich viel ansprechendes.
Eine Ausnahme, aktuell mit 16 Punkten im Gault Millau bewertet, ist der Akatzienhof in Duisburg. Wir haben Chefkoch Günter Rönner in seinem Reich besucht und ein klassisches Menü bestellt.
Der Akazienhof – Helles und freundliches Ambiente
In Duisburg angekommen, findet sich leicht ein Parkplatz und der Blick auf das Restaurant lässt hoffen. Ein schönes, relativ neues Haus mit Anbau, innen hell und freundlich eingerichtet. Die Bestuhlung ist bequem, Besteck und Teller haben Niveau, ebenso wie die frischen Blumen die die Tische zieren. Als Gast fühlen wir uns sofort wohl und freuen uns auf die Karte. Diese ist nicht minder interessant, denn der Aufbau der Menüs ist mal so ganz anders.
Was in anderen Restaurants noch beiläufig und eher stiefmütterlich behandelt wird – „der Vegetarier(in)“ – findet hier sogar zwei ganze Menüs. Ein kleineres, sehr Lunch geeignetes und ein erweitertes Menü für eben den großen Hunger. Ebenso aufgeteilt sind die anderen Tasting Menüs, die dann auch Fleisch und leckeren Fisch enthalten. Mit Namen wie „großes Geschmackstheater“ und „kleines Geschmackstheater“ merkt man, dass der Koch sich Gedanken gemacht hat und kreativ ans Werk geht.
Faires Preis / Leistungs-Verhältnis – exzellente Produkte
Der Service ist freundlich, schnell und jung – man merkt sofort das hier einer Spaß an seinem Job hat. Der Chef serviert manchmal selbst und ist um das eine oder andere Wort mit dem Gast nicht verlegen – sympathisch. Ich entscheide mich für ein Lunchmenü mit 5-6 Gängen, genau richtig um nachher nicht zwangsweise heraus gerollt werden zu müssen.
Überraschend Positiv ist auch die Preisgestaltung, die sehr fair kalkuliert ist, nimmt man den Wareneinsatz der verwendeten Produkte einmal unter die Lupe. Die dazu gereichten Weine sind klug ausgesucht und finden Harmonie mit den gereichten Speisen. Nach dem Aperitif, der ein gut gekühlter Champagner in meinem Fall war, geht es ans Werk, der Einstig ins Menü.
Traditionell in guten Häusern ist ein Amuse, das meist nicht auf der Karte steht und dem Gast eine kleine Freude machen soll. Die „Lunchbox“ – eine Art „Kinderüberraschungsei“ für Erwachsene, die Vorfreude macht und entdeckt werden will, nebst anderen Zutaten – siehe Bild oben.
Karotte erleben – Ein aromatisches Erlebnis
Aromatisch und mutig gewürzt gelingt der Start und es geht in Richtung Karotte & Co. Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich um ein vegetarisches Gericht – einer Variation von Karotte. Wer sich überwinden muss und Karotten so überhaupt nicht mag, der wird hier wirklich überrascht.
Denn es gibt so viele Arten die dankbare Karotte zuzubereiten und vor allem zu aromatisieren – Pickles sind immer eine exzellente Wahl. Die Anrichte mit Limonenkefir ist gelungen, ein vegetarischer Gang der viel Freude auf der Zunge macht.
Die Muschel-Landschaft ist schon angerichtet ein Augenschmaus, der Gargrad der Jakobsmuschel perfekt, Passepierre Algen passen immer auch zu Meeresfrüchten und der handwerklich gelungene – wirklich kräftige – Sud, runden den Teller elegant ab. Auch der Fleischgang war einfach göttlich (Titelbild) und lies keine Wünsche offen.
Schicht im Schacht – Noch lange nicht!
Schicht im Schacht – ganz Bergmannsdeutsch beschreibt einen Dessertgang in den Kirschen und Nougat dominante Rollen einnehmen. Gut marinierte Kirschen passen sich harmonisch in die Nougatvariation ein und man mag den Gang so gar nicht als Rausschmeißer begreifen.
Letztlich folgen noch einige Überraschngsdeserts, Pralinen-Variationen – handwerklich toll zubereitet. Den Schluss macht ein Absacker, sowie ein doppelter Espresso und die Heimfahrt ins viel lebendigere Köln.
Restaurant Akazienhof in Duisburg – Unser Fazit
Wagen Sie einmal einen Tagesausflug ins Ruhrgebiet, auch in Sachen Kunst und Kultur hat sich hier eine Menge getan. Ein Lunch oder Abendessen im Akazienhof runden den Ausflug perfekt ab, denn die Küche von Günter Rönner ist bodenständig auf solidem Kochwissen und viel Erfahrung & Passion aufgebaut und dennoch innovativ bleibend und mit lokalen Zutaten, sowie saisonal angepasst. Die Preise für die Menüs sind fair kalkuliert, die Portionen von der Größe perfekt und die Weinauswahl exzellent.
Alle Gerichte im Überblick:
- Amuse: Kulinarischer Gruß aus der Küche
- Karotte & Co – Möhrenpickles / Limonenkefir
- Carmen`s Creek Bison / Lila Kartoffel Endivie Radischen Berberitze
- Bergmannswurzel – Lauchasche, geräuchertes Eigelb, Antep-Pistazien, Shiso Kresse
- Muschel Landschaft – Jakobsmuschel, Verjus, Kürbis Passepierre
- Schicht im Schacht – Nougat / Kirsche
- Malzbier, Holunderblüte, Ruhrgebiets-Schampus