Barba di Frate (Mönchsbart) – Saftiger Biss und ein Geschmack nach Meer
Säuerlich, salzig und ein lang anhaltender Geschmack nach Meer. Barba di Frate (Mönchsbart) ist ein höchst eigenwilliges Gemüse.
In Italien gelten die zarten Stiele seit jeher als saisonale Delikatesse: Sie wachsen in Büscheln, die auf den ersten Blick an Schnittlauch erinnern, sich jedoch durch verzweigte Stängel von diesem unterscheiden.
Nur die jungen, je nach Witterung von März bis Juni geernteten einjährigen Pflanzen garantieren den vollen Genuss, mit steigenden Temperaturen und entsprechender Trockenheit werden sie hart und zäh.
Barba di Frate (auch Barba dei Frati) stellt keine hohen Ansprüche, die Pflanze kommt auch mit einem höheren Salzgehalt des Bodens zurecht, solange dieser nur nicht austrocknet. Größere Barba-di-Frate-Kulturen liegen in Italien traditionell in Meeresnähe, nur hier wird die Pflanze in größerem Stil angebaut. Wild kommt sie hingegen in allen gemäßigten Küstenregionen Europas vor.
Der botanische Name führt zu der großen Bedeutung, welche Barba di Frate früher hatte: Salsola Soda, so der botanische Name, wurde jahrhundertelang in Südspanien und dem östlichen Mittelmeerraum in großer Menge für die Soda-Herstellung angebaut. Vor allem das berühmte Murano-Glas verdankte ihm seinen strahlenden Glanz.
Kenner der italienischen Küche schätzen Barba di Frate (in Italien auch Agretti genannt) als Antipasto-Salat sowie als aromatische Beilage zu Pasta und Fisch.
Dafür werden die Stängel meistens nur kurz gedünstet, was ihnen den saftigen Biss und das Meeresaroma lässt. Längeres Garen verändert den Geschmack in Richtung Spinat.
Der geringere Gehalt an Oxalsäure macht Barba di Frate geeignet für feinsäuerliche Dressings.
Für einen japanischen Gemüsesalat wird blanchierter Barba di Frate mit einem Dressing aus Sake und Sesamöl mariniert. In Japan selbst wird für solche Salate in der Regel ein nahe verwandtes Salzkraut (Salsola komarovi) verarbeitet.
Und wie Barba di Frate in regional inspirierter Kochkunst zur Geltung kommt, zeigen im kommenden Rezept und in der am 18. Mai 2010 erscheinenden apéro – drei deutsche »Jeunes Restaurateurs d’Europe«.
Sie sind mehr als Kollegen, die auf höchstem Niveau kochen. Sie sind Freunde, die sich herzlich mit Umarmungen begrüßen und sofort zu fragen und erzählen anfangen; von Frau, Kindern, gemeinsamen Erlebnissen; von alten Zeiten, in denen sich die Wege der drei »Jeunes Restaurateurs d’Europe« schon mal gekreuzt haben.
Nach einem gemütlichen Morgenkaffee in der Mühlenhelle in Gummersbach geht es an die Arbeit, um für apéro Kreationen mit Barba di Frate zu vollenden. Höchste Konzentration bestimmt nun die Atmosphäre in der Küche, ein Blick über die Schulter genügt nicht, jeder Kollege wird über seine Erfahrungen mit dem Gemüse befragt, es wird diskutiert, warum die Gerichte so konzipiert sind, wie sie nun präsentiert werden.
»Ehrensache, an meine Heimat zu denken«, schmunzelt Hausherr Michael Quendler. Und der gebürtige Klagenfurter nimmt sich gleich die kärntnerische Spezialität schlechthin vor: Kasnudeln, ein ursprünglich bäuerliches Gericht, für das es in jedem Tal, ja, in jeder Familie, eine eigene Rezeptur gibt.
»Barba di Frate gibt der rustikalen Füllung eine völlig unerwartete Note, eine ganz eigene Tiefe«, erklärt »Jeunes-Restaurateurs«-Neuzugang Quendler. Das Meer und seine Aromen liegen ihm näher, als man meinen würde: Er machte wichtige berufliche Stationen auf Sylt, u. a. im Fährhaus Munkmarsch, Hinkfuß am Dorfteich und in der Sturmhaube.
Zusammen mit Frau Birgitta, die er in Johann Lafers Stromburg kennengelernt hatte, machte er sich 2007 selbstständig: In der Mühlenhelle, einer schmucken denkmalschützten Villa aus dem 18. Jahrhundert, deren helle Räume Genuss und Lebensfreude vermitteln.
Auch Sascha Stemberg verfeinert und variiert ein Gericht aus der bäuerlichen Küche. »Das ist aber mutig«, lautet der prompte Kommentar der Kollegen zu seiner Kombination von Graupen und Barba di Frate. Das Probieren überzeugt:
Die sämig gekochten Körner bekommen durch das knackige Gemüse einen ganz neuen Auftritt, und der süßliche Geschmack des Getreides wird durch die mineralisch salzigen Noten spannend ergänzt und bildet so eine fast verspielte Grundlage für die feinen Krebse.
In noch jüngeren Jahren war Sascha Stemberg, ein weiterer Neuzugang bei den »Jeunes Restaurateurs«, ein kulinarischer Weltenbummler. Seine Wege führten ihn vom Hummerstübchen und Victorian (beide Düsseldorf) bis nach Mauritius. Seit 2003 steht er als Chef im Haus Stemberg am heimischen Herd – in fünfter Generation.
»Aromaküche mit regionalen Produkten« – so beschreibt Philipp Wolter seine Philosophie mit wenigen, aber umso treffenderen Worten. Und er hält sich dran. Süßwasserfisch bekommt dank seiner Umhüllung mit Barba di Frate einen Hauch von Meer, die Fruchtigkeit der Paprika sorgt für frühsommerliche Frische.
»Ich dachte auch kurz an einen Seefisch«, erklärt Wolter, »aber das hätte dem Gericht seine Eleganz genommen.« Seine Perfektion holte sich Wolter in Spitzenhäusern: Nach der Lehre bei Vincent Klink in der Stuttgarter Wielandshöhe arbeitete er im Bareiss (Baiersbronn), im Waldhotel Sonnora und dem Restaurant Dieter Müller (Schloss Lerbach).
Seit 2004 ist Wolter sein eigener Herr und ging im Herbst 2009 ein neues, vielfältiges Projekt an: das Landhaus Spatzenhof in Wermelskirchen. Das komplett neu gestaltete frühere Kinderheim beherbergt nun Hotel und zwei Restaurants. Das Gourmet-Restaurant Clara von Krüger ist nach der Gründerin des Kinderheims benannt und eröffnet im Mai 2010.
»Wir kommen bald vorbei«, versprechen die Kollegen beim Abschied; der zieht sich hin, denn der Gesprächsstoff unter Freunden ist schier unbegrenzt …
Der Namensvetter
Gelegentlich wird der Mönchsbart aus der Gattung Salzkraut (Salsola) mit dem im deutschen Volksmund ebenfalls Mönchsbart genannten Plantago coronopus verwechselt.
Dieses Wegerichgewächs kommt auch auf Salzwiesen vor und wird – wenn auch selten – als Wildsalat angeboten.
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