„Der Fremdenverkehr ist in Europa nach wie vor ein Arbeitsplatzmotor erster Güte, könnte aber noch mehr leisten. Die Europäische Union sollte über eine „European Citizen Travel Card“ nachdenken, um das Zugehörigkeitsgefühl zu Europa zu stärken“, erklärt Hanspeter Wagner, Bürgermeister von Breitenwang und Berichterstatter des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) während der EU Tourismus Konferenz in Brüssel.
Berichterstatter Hanspeter Wagner (AT/EVP), Bürgermeister von Breitenwang (Tirol), sagte auf der Konferenz anlässlich des Europäischen Tags des Tourismus, an dem drei EU-Kommissare teilnahmen: „Bei Reisen in Europa merken viele Menschen, was ihnen die Unionsbürgerschaft tatsächlich bringt. Sie stellen fest, dass sie als Verbraucher und Passagiere Schutzrechte haben, mit ein und derselben Währung in 19 EU-Ländern zahlen und sich im Schengen-Raum frei bewegen können. Das müssen wir viel stärker herausstreichen.“
Die European Citizen Travel Card
Hanspeter Wagner ergänzt: „Mit einer kostenlosen „European Citizen Travel Card“ könnten die Unionsbürger beispielsweise von Ermäßigungen im öffentlichen Nahverkehr und in den Museen der teilnehmenden europäischen Regionen und Städte profitieren. Außerdem sollten wir eine mit den sozialen Medien kompatible GPS-Reise-App „DiscoverYrope“ kreieren, die nützliche Informationen über die besuchten Länder liefert, unterhaltsam ist und Prämien aus einem europäischen Reisebonusprogramm verspricht.“ Diese und andere Vorschläge, darunter die Schaffung eines Titels „European Capital of Smart Tourism“, werden in der von Hanspeter Wagner erarbeiteten Stellungnahme angeregt, die am 7. Dezember auf der Plenartagung des AdR, der Versammlung der Kommunal- und Regionalpolitiker der EU, verabschiedet werden soll.
Auf Anklang stoßen die Vorschläge Hanspeter Wagners bei István Ujhelyi (HU/S&D), dem Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Fremdenverkehr des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (TRAN) im Europäischen Parlament: „Um die Bürger mit den EU-Institutionen vertrauter zu machen, brauchen wir konkrete Projekte auf der Grundlage von gegenseitigem Verständnis,“ so István Ujhelyi, der ebenfalls auf der Konferenz sprach. „Das können wir erreichen, indem wir jungen Menschen ein kostenloses Bahnticket finanzieren und etwa das Siegel Europäische Tourismushauptstadt schaffen, um für Reiseziele in Europa zu werben. Der Dialog mit den Bürgern und der Zivilgesellschaft, wozu auch die Interessenträger der Fremdenverkehrsbranche gehören, sollte uns befähigen, diese Programme in den nächsten Jahren europaweit zum Erfolg zu führen.“
Auch Patrick Torrent, Präsident des NECSTouR (Netzwerk der europäischen Regionen für einen wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Tourismus), unterstützt die Initiativstellungnahme des AdR und empfiehlt nachdrücklich, dass sämtliche Regierungsebenen und die europäische Fremdenverkehrsbranche an einem Strang ziehen:
„Eine gemeinsame Werbung würde den Regionen helfen, etwas aus ihrer Vielfalt zu machen und den Touristen vielfältige Reiseerlebnisse bieten zu können. Ein ausgeklügeltes Marketing und europäische Mobilitätsprogramme sollten zu einer gemeinsamen Vermarktungsstrategie gehören.“ Teilnehmende Redner des Europäischen Tags des Tourismus waren die drei EU-Kommissare Tibor Navracsics (Bildung, Kultur, Jugend und Sport), Elżbieta Bieńkowska (Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU) und Karmenu Vella (Umwelt).
Der europäische Fremdenverkehr in Zahlen
Europa ist weltweit das Reiseziel mit den meisten Besuchern und einem Anteil von 51 % am weltweiten Fremdenverkehrsmarkt (2015). Direkt und indirekt erwirtschaftet der Tourismus 9,9 % des BIP der EU-28, und Prognosen zufolge könnte dieser Anteil bis 2026 sogar auf 11 % des BIP steigen. EU-weit arbeiten in der Reise- und Fremdenverkehrsbranche fast 25 Millionen Menschen, und die besucherbedingten Exporte erreichen eine Höhe von 374 Mrd. EUR pro Jahr. In Zeiten dramatisch angestiegener Arbeitslosigkeit bleibt die Reise- und Fremdenverkehrsbranche einer der wichtigsten Arbeitsplatzmotoren in Europa (und weltweit), in der gerade auch viele Frauen und junge Leute eine Beschäftigung finden. Die Relevanz wird noch dadurch verstärkt, dass die Branche arbeitskraftintensiv ist und von KMU dominiert wird.
Der Europäische Tag des Tourismus 2016 stand unter dem Motto „Mehr Synergien zwischen Fremdenverkehr, Kultur und Kreativwirtschaft. Innovative Lösungen als Motor für Wachstum und Beschäftigung“. Auf der Konferenz fand eine politische Debatte und ein Austausch bewährter Praktiken statt, bei dem es um die bessere Nutzung der Synergien von Tourismus, Kulturerbe und Kreativität ging, um so für die Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiges Wachstum im europäischen Fremdenverkehr zu sorgen. Die Veranstaltung wurde von annähernd 400 Teilnehmern, darunter auch EU-Kommissaren, besucht. Ferner nahmen teil: weitere Vertreter der Europäischen Kommission, hochrangige Vertreter europäischer, nationaler und regionaler Behörden, europäische Verbände der Fremdenverkehrs- und Reisebranche sowie weitere einschlägige Interessenträger.