Restaurantkritik: Villa Merton in Frankfurt

HIRSCHKALB: Zwiebelgewächse, Bärlauchfrüchte, Holunder

HIRSCHKALB: Zwiebelgewächse, Bärlauchfrüchte, Holunder

Die Villa Merton in Frankfurt: In der letzten Woche waren wir bei Matthias Schmidt in der „Villa Merton“, in Frankfurt zu Gast und haben uns einige seiner Kreationen schmecken lassen.

Die Villa Merton:

Die Villa Merton liegt in einem feinen Frankfurter Villenviertel und ist im Union International Club beherbergt.

Der Empfang und das Personal in der Villa Merton waren freundlich und wir wurden sogleich in den Gastraum geführt, wo wir uns das Business-Menü mit einigen kleinen Abwandlungen der Abendkarte bestellten.

Die Räume sind schön hell gestaltet worden, klassische Tischdekoration, wenn auch etwas mager für meinen Geschmack, jedoch gutes Porzellan und feines Besteck – was auch nicht bei jedem Sternekoch der Fall ist.

Die Wände im Restaurant der Villa Merton sind in einem dunklen Braunton gehalten, ein Blick nach links gab die Bar frei, in der sich einige Raritäten finden lassen, wie sie auf den Fotos unten erkennen können.

Man sitzt sehr bequem und kann den Blick durch den Raum schweifen lassen, bis der erste Gang kommt. Alles in allem also ein sehr schönes Ambiente, das zum Wohlfühlen einlädt und die Seele entspannt.

Bei unserem Besuch gab es die von der FAZ und Herrn Dollase ausgerichtete F.A.Z.-Gourmetvision in der Villa Merton auf der Karte und diese haben wir dann auch bestellt. Einmal die „Rohstoff“-Philosophie und einmal das Business-Lunch, was sich aus den unten aufgeführten Gerichten zusammensetzt.

1. Gang: Heidschnuckenschinken mit Ziegenfrischkäse in der Villa Merton

Vorab gab es eine kleine optische und geschmackliche Überraschung, zwei kleine Hörner, kunstvoll vom Chefkoch selbst zu einem Behältnis umgebaut, welche jeweils zwei dünne Scheibchen Heidschnuckenschinken und Ziegenfrischkäsebällchen enthielten. Der Ziegenfrischkäse war fein und sehr aromatisch, kräftig nach Ziege schmeckend. Der Schinken, farblich in tiefem rot musste luftgetrocknet sein und gut gereift. Er passte sich formidabel an den Käse an und war ein schöner Einstig ins Menü, auch wenn der rote Faden öfter einmal verschwand.

Heidschnuckenschinken mit Ziegenfrischkäse

Heidschnuckenschinken mit Ziegenfrischkäse

2. Dazu gab es noch: Brotvariationen mit allerlei Ölen und Butter / Salz

Zum Gruß aus der Küche wurden, wie fast überall inzwischen üblich, diverse Brotsorten serviert, besonders das Knäcke mit den Körnern war vorzüglich mit etwas Butter und Fleur de Sel zu genießen – aber eben keine Besonderheit.

Brotvariationen

Brotvariationen

3. BLUMENKOHL: Fichte, Bucheckern, Buttermilch

Der erste Gang bestand sodann aus einer Sinfonie von Fichte, Bucheckern und Buttermilch, wobei die eingelegten Fichtensprossen schon sehr viel Säure enthielten und bestimmt nicht Jedermanns Sache sind. Bucheckern kenne ich aus der Kindheit, die haben wir oft roh gegessen, aber nie in der Küche verwendet.  Farblich ergibt sich jedoch ein harmonisch buntes Bild auf dem Teller, was geschmacklich jedoch keine besonderen Akzente setzen konnte. Das Gericht entspricht jedoch der von Matthias Schmidt gewählten Rohstoff-Philosophie voll und ganz, denn es waren alles Naturstoffe – zudem roh.

BLUMENKOHL: Fichte, Bucheckern, Buttermilch

BLUMENKOHL: Fichte, Bucheckern, Buttermilch

4. PETERSILIENWURZEL: Ziegenmilch, Saiblingskaviar, Gundermann

Die Petersilienwurzel macht auf dem recht groben Teller eine vortreffliche Figur, war für unser Besteck jedoch schwierig zu schneiden und gab nur widerborstig nach um in den Mund zu verschwinden. Die Ziegenmilch war große Klasse und versprach große Qualität, auch der Saiblingskaviar war sehr aromatisch und passte gut zur Sauce. Den Gundermann, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, muss ich nicht noch einmal auf dem Teller haben – Geschmacksache. Dazu gab es kleine Fischchips, die meines Erachtens nach auch vom Saibling waren.

PETERSILIENWURZEL: Ziegenmilch, Saiblingskaviar, Gundermann

PETERSILIENWURZEL: Ziegenmilch, Saiblingskaviar, Gundermann

5. HIRSCHKALB: Zwiebelgewächse, Bärlauchfrüchte, Holunder

Das Hirschkalb war vom Garpunkt auf den Punkt und wirklich sehr zart – fantastisch im Geschmack. Als Sauce gab es eine Reduktion die sehr kräftig war und das Hirschkalb zu erschlagen drohte, aber in Gänze noch in Ordnung war. Die Zwiebelgewächse waren wieder eingelegt worden und sehr sauer. Sauer macht ja lustig und so gab es dazwischen noch kleine frittierte Collagenstreifen.

HIRSCHKALB: Zwiebelgewächse, Bärlauchfrüchte, Holunder

HIRSCHKALB: Zwiebelgewächse, Bärlauchfrüchte, Holunder

6.Weiderind, Igelstachelbart und Blumenkohl

Den gebratenen Igelstachelbart musste ich auch erst einmal bei Google suchen, da ich ihn noch nie gesehen und gegessen hatte. Er ist wirklich fester Struktur und schmeckt „wie ein kleines Steak“. Das Weiderind versteckte sich unter den mächtigen Steaks vom Igelstachelbart und war ebenfalls auf den Punkt gegart und zart aromatisch -vortrefflich. Die Saucenreduktion hatte eine leichte Bitternote die gut mit dem Igelstachelbart harmonierte.

Weiderind, Igelstachelbart und Blumenkohl

Weiderind, Igelstachelbart und Blumenkohl

7. Salzwasserfisch, Rübstiel, Pastinake und Wein

Der als Salzwasserfisch auf der Karte deklarierte Fisch-Gang entpuppte sich (glaube ich) als Kabeljau, welcher klassisch in Butter gebraten wurde. Er war sehr zart und die Sauce ein Gedicht. Das Pastinakenmus hatte eine feste Konsistenz und hat gefallen. Beim Rübstiel ergab sich wieder das Problem mit dem Besteck, er lies sich nicht richtig zerteilen und war eher roh als gegart. Für Vegetarier und Veganer wohl das Richtige.

Salzwasserfisch, Rübstiel, Pastinake und Wein

Salzwasserfisch, Rübstiel, Pastinake und Wein

8. WACHOLDER: Schildampfer, Speierling, Vogelbeeren

Das Dessert mit dem Schildampfer, den Sperlingen und den Vogelbeeren blieb der Linie von Matthias Schmidt treu und spielte mit erheblicher Säure, die jedoch gut aufgefangen wurde.

WACHOLDER: Schildampfer, Speierling, Vogelbeeren

WACHOLDER: Schildampfer, Speierling, Vogelbeeren

9. Beeren

An der Beerenkomposition gab es wenig auszusetzen, sehr reife Beeren, aromatisch und gut selektiert, harmonierten fein mit etwas Krokantartigem, was sich teilweise unter dem Sorbet befand. Insgesamt eine süß säuerliche frische Komposition. Eine Alternative mit etwas Schokoladigem wäre vielleicht fein gewesen, ist man dies in unseren Breitengraden doch so gewöhnt, gerade wenn es draussen herbstlich kalt ist.

Beeren

Beeren

10. Karamell, sehr soft und mit Fleur de Sel 

Das Karamell in der Villa Merton war sozusagen der „Rausschmeißer“, es gab zwei Stücke davon, eines konnte ich gerade noch für ein Bild retten. Es war schön soft und süß wie Karamell nun einmal sein muss, schön passend mit Fleur de Sel serviert, was einen wunderbaren Kontrast im Mund auslöst. Ich habe dieses Rezept selbst einmal gemacht und das Ergebnis überzeugt. Sie können es daheim selbst einmal ausprobieren: Rezept für Karamell mit Fleur de Sel.

Soft Karamell mit Fleur de Sel

Soft Karamell mit Fleur de Sel

11. Dazu noch ein Rundgang durch Küche und Keller in der Villa Merton, mit allen Weinen die dazu gereicht wurden, finden Sie in unser Galerie zum Besuch bei: Matthias Schmidt, „Villa Merton“, Frankfurt

Die Daten der Villa Merton:

Adresse:

  • Villa Merton 
  • Am Leonhardsbrunn 12,
  • 60 487 Frankfurt.
  • Geöffnet mittags und abends von Montag bis Freitag,
  • Tel: 069/70 30 33
  • www.villa-merton.de
  • Reservierungen auch Online möglich