Die UNESCO würdigt mit der aktuellen Aufnahme in die „Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ die lebendige Tradition des Uhrmacherhandwerks und der Kunstmechanik, die die Region des französisch-schweizerischen Jurabogens prägt. Die Uhrmacherkunst ist besonders im Kanton Waadt, aber auch drüber hinaus in der ganzen Schweiz bekannt. Die Herstellung von Musikautomaten und Spieldosen ist besonders typisch in der Region von Sainte-Croix im Distrikt Jura-Nord. Im Genferseegebiet zählen darüber hinaus fünf weitere Kultur- und Naturgüter zum UNESCO-Welterbe: Das Weinbaugebiet Lavaux, die prähistorischen Pfahlbauten in Morges, das architektonische Werk Le Corbusiers, das Archiv des Montreux Jazz Festivals und das Winzerfest in Vevey.
Die Kandidatur wurde im März 2019 von der Schweiz gemeinsam mit Frankreich eingereicht und am 16. Dezember 2020 befürwortet. Das Handwerk zwischen Wissenschaft, Kunst und Technik verbindet individuelle und kollektive Kompetenzen der Theorie und Praxis im Bereich der Mechanik und der Mikromechanik. Die Vermittlung der traditionellen und zugleich innovativen Handwerkstechniken werden besonders hier im französisch-schweizerischen Gebiet von zahlreichen Kunsthandwerker:innen sowie Unternehmen, Schulen, Museen und Vereinen vermittelt. (Weitere Reisetipps über die Region finden Sie in unserem Reiseblog.)
An der Kandidatur waren verschiedene Partner beteiligt, unter anderem das Bundesamt für Kultur (BAK) mit einer binationalen Pilotgruppe aus unterschiedlichen Personen, die im Uhrmacherhandwerk und in der Kunstmechanik arbeiten. Der Verein arcjurassien.ch übernahm die Leitung der Umsetzung verschiedener Maßnahmen zur Erhaltung des Kulturerbes (Dokumentation, Ausbildung, Erkenntnisweitergabe, Sensibilisierung und Vermittlung der Tradition). Der Kanton Waadt ist dabei Teil des Interreg-Projekts «Arc horloger», der die Aufnahme bekannt machen sollte. Dazu gehört unter anderem eine gemeinsame Fotoausstellung des Internationalen Uhrenmuseums in La Chaux-de-Fonds im Kanton Neuenburg und im Musée du Temps im französischen Besançon. Im Kanton Waadt kann insbesondere im Museum des Centre International de Mécanique d’Art (CIMA) eine historische Sammlung von Spieldosen und Automaten sowie eine mechanische Werkstatt, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestand, besichtigt werden. Darüber hinaus präsentiert das Baud-Museum in L’Auberson eine Sammlung von Spieldosen, Automaten und Orchestrions. Die Tradition der Herstellung präziser mechanischer Uhrwerke mit modernen und prestigeträchtigen Kreationen führt die Manufaktur REUGE SA mit Sitz in Sainte-Croix fort. Die Meisterwerke sind von Staatsoberhäuptern und Königshäusern in aller Welt sehr geschätzt. Weitere Infos hier.
Fünf Sehenswürdigkeiten im Kanton Waadt gehören bereits zum UNESCO-Welterbe
Der Beitrag des Kantons Waadt am UNESCO-Welterbe ist mit weiteren fünf Kultur- und Naturgüter bereits eindrucksvoll: So zählt seit 2007 das geschichtsträchtige Lavaux mit seinen in Terrassen angelegtem Weinbaugebiet dazu, ein perfektes Beispiel für die Harmonie zwischen Naturlandschaft und menschlicher Arbeit. Es ist die einzige von der UNESCO anerkannte Stätte, die ausschließlich im Kanton Waadt liegt.
Die Pfahlbauten in Morges sind seit 2011 in die Liste der UNESCO aufgenommen, sie sind eines der 111 Fundstellen in allen sechs Ländern der Alpen. Das im Schloss von Yverdon-les-Bains eingerichtete Museum fungiert als Informationszentrum für die Pfahlbauten und zeigt 8000 Jahre Geschichte auf. Wegen ihres herausragenden Beitrages zur Moderne wurde 2016 die Villa „Le Lac“ des Architekten Le Corbusier als UNESCO-Welterbe aufgenommen. Ebenfalls in 2016 kam das 5000 Stunden Live-Aufnahmen umfassende Archiv des Montreux Jazz Festivals in das Register des Weltdokumentenerbes und die Fête des Vignerons, das Winzerfest, in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit hinzu.