Fragen Sie einen Briten nach seiner Leibspeise, so werden Sie oft „ein Curry“ zu hören bekommen. Obwohl Currys nicht so typisch britisch sind wie beispielsweise „Fish and Chips“ oder ein opulenter Rinderbraten, haben sich diese asiatischen Gerichte in den letzten Jahrhunderten als eines der bekanntesten Lebensmittel des Landes etabliert. So ist es nicht verwunderlich, dass „Chicken Tikka Masala“ eines der Nationalgerichte Großbritanniens ist! Aber wie wurden indische, aber auch pakistanische Speisen in Großbritannien so beliebt? In diesem Artikel werden wir aufzeigen, warum das so gekommen ist!
Was macht indische Speisen so speziell?
Indien erhält oft höchstes Lob aus Feinschmeckerkreisen für seine cremig-scharfen Currys, Reisgerichte und dem teigigen Naan-Brot – doch was zeichnet das Essen aus diesem Subkontinent eigentlich aus? Die wichtigsten Gründe sind vor allem:
- Reichlich Kräuter und Gewürze: In vielen indischen Gerichten werden schmackhafte Gewürze wie Kurkuma, Garam Masala und Koriander verwendet.
- Oft scharf: Das ist zwar nicht immer der Fall, aber vielen indische Gerichten eilt der Ruf voraus, auch teuflisch scharf zu sein. Interessanterweise wird Chili erst seit dem 16. Jahrhundert in der indischen Küche verwendet, als es erstmals aus Mexiko importiert wurde!
- Aromatische Basis: Viele indische Gerichte basieren auf Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer.
- Viele vegetarische Optionen: Im Gegensatz zu vielen anderen Küchen auf der Welt ist Indien ein Paradies für Vegetarier, und in einigen Dörfer Indiens werden ausschließlich nur vegetarische Gerichte serviert.
Wann kamen die ersten indischen Gerichte nach Großbritannien?
Indien und das Vereinigte Königreich können auf lange historische Beziehungen zurückblicken, die schon vor der britischen Kolonisierung im Jahr 1757 bestanden haben. Briten, die in Indien gelebt und gewirkt hatten, brachten die landestypischen Lebensmittel und Rezepte mit nach Großbritannien, und im Laufe der Zeit siedelten sich auch einige indische Köche im Vereinigten Königreich an. Bereits 1810 wurde in London das erste indische Restaurant eröffnet – das sagenumwobene „Hindoostane Coffee House“. Die indischen Gerichte, die dort serviert wurden, unterschieden sich stark von dem, was damals in Indien auf den Tisch kam. Denn die Küche war damals eher auf den europäischen Gaumen zugeschnitten, mit milden Aromen und weniger intensiven Gewürzen. Mit der Zeit gelangten jedoch immer mehr indische Zutaten auf die britischen Inseln und fanden Eingang in die dortige indische Küche, die dann gerne von den Köchen verarbeitet wurden.
Wann wurde die indische Küche in Großbritannien populär?
Während verschiedenste Currys bereits seit dem 19. Jahrhundert in der britischen Gastronomieszene vertreten sind, wurde sie erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so richtig populär. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderten viele Inder, Bangladescher und Pakistani nach Großbritannien aus. Sie brachten ihre Kochtechniken und Kochbücher von zu Hause mit und eröffneten nicht nur in den großen Metropolen, sondern auch in kleineren Städten und Dörfern die sogenannten „Curryhäuser“. In diesen neuen Gaststätten wurden diese unbekannten Gerichte immer beliebter – und einige wurden sogar als Fusionsgerichte aus indischen und britischen Zutaten kreiert. Dies war zugleich auch die Geburtsstunde des berühmten und allzeit beliebten „Chicken Tikka Masala“, das ursprünglich aus Edinburgh stammt, aber auch des „Balti“, das zum ersten Mal in Birmingham zubereitet wurde.
Die indische Küche der Gegenwart im Vereinigten Königreich
Auch im 21. Jahrhundert erfreut sich indisches Essen nach wie vor großer Beliebtheit unter den Briten und den Millionen von Touristen, die die Insel jedes Jahr besuchen, und wird von vielen Kunden auch zum Mitnehmen und zum Verzehr in den eigenen vier Wänden bevorzugt. Ganze Stadtteile in den Großstädten des Landes sind für ihre Vielzahl an indischen Restaurants bekannt. Als Beispiele seinen hier die Brick Lane in London und das Balti Triangle in Birmingham genannt.
Es gibt aber auch einen Kritikpunkt, der von viele Indern an den Gerichten des Vereinigten Königreichs genannt wird. Denn für diese Kritiker wird auf die Vielfalt der unterschiedlichen Küchen des Landes viel zu wenig eingegangen und diese spiegeln bei weitem nicht die reichliche Fülle verschiedenster regionaler Rezepte wieder. Die meisten Gerichte, die die Bezeichnung „indisch“ tragen und die in Großbritannien verkauft werden, basieren auf der nordindischen Küche und nicht auf den Kokosnuss-Currys, die im Süden des Subkontinents vorkommen.
Aber auch die übermäßige Anglisierung des indischen Essens in Großbritannien wird kritisch beobachtet. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass sich einige Köche diese Anmerkungen zum Herzen genommen und als Reaktion darauf einige Restaurants eröffnet haben, die traditionellere Gerichte anbieten (wie beispielsweise das „Gunpowder“ in London). Dies hat aber auch dazu geführt, dass traditionelle Curry-Restaurants im Vereinigten Königreich mit einer Art Krise konfrontiert sind, wobei durchschnittlich zwei indische Gaststätten pro Woche schließen, und in den nächsten 10 Jahren wird mit einem Rückgang von 50 % aller indischen Food-Tempel in Großbritannien gerechnet. Allerdings sind sich viele Briten immer noch einig, dass es nichts Besseres als ein frisches Curry-Gericht gibt, und gehen davon aus, dass es im Vereinigten Königreich auch langfristig eine florierende Kultur des indischen Essens geben wird.
Und was stammt noch alles aus Indien?
Während Lebensmittel im Laufe der Jahrhunderte wahrscheinlich die am meisten importierten Güter aus Indien waren, wird aber auch davon ausgegangen, dass beispielsweise die indische Kunst und die Textilien aus dieser Region berühmte Designer wie William Morris zu seinen Werken inspiriert haben. Und natürlich kommt auch der britische Tee vorwiegend aus Südasien! Und, kaum zu glauben, Freizeitbeschäftigungen wie das Glücksspiel – der Vorläufer der modernen Online Casinos – sollen ihre Wurzeln in Indien, aber auch in China haben. Aber Indien hat auch einige linguistische Erweiterungen in die englische Sprache gebracht. Einige englische Wörter stammen von dort – „Bungalow“ und „Pyjama“ haben beide indischen Ursprung! Außerdem haben die körperlichen Aktivitäten wie Yoga und Meditation ihren Ursprung in Indien; Beide erfreuen sich in Großbritannien und auf der ganzen Welt immer größerer Beliebtheit. Auch philosophische Konzepte wie Karma und die Achtsamkeit im Speziellen haben ihren Ursprung in der hinduistischen Kultur. Und dem Vegetarismus und Veganismus, die auf der ganzen Welt immer beliebter werden, werden nachgesagt, dass ihre Geburtsstunde in Indien schlug.
Indische Gerichte und Großbritannien: ein paar letzte Gedanken
Indisches Essen ist in Großbritannien nach wie vor ein unverzichtbares Grundnahrungsmittel, obwohl neue Gastro-Tempel vielfältige und bisher in Europa unbekannte Gerichte anbieten, von denen einige doch eher etwas mit dem in Indien zubereiteten Speisen gemeinsam haben. Und auch wenn die Statistiken besagen, dass die Curry-Verkaufsstellen immer weniger beliebt zu werden scheinen, werden sie in den Herzen der Briten immer einen besonderen Platz einnehmen!