Aufmerksamkeit ist garantiert, wenn man positiven Nachrichten mit vermeintlich wissenschaftlich belegten Aussagen widerspricht. Omega-3-Fettsäuren sind hier ein „gefundenes Fressen“, denn aus der aktiven Forschung und tausenden von Studien lassen sich immer auch einzelne Ergebnisse herauspicken, um damit Verunsicherung zu erzeugen.
Eindeutig belegt ist, dass eine gute Versorgung mit den biologisch aktiven Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) das Herz-Kreislauf-System schützt und beim Ungeborenen maßgeblich zur Entwicklung des Gehirns und der Sehfähigkeit beiträgt. Fachgesellschaften in aller Welt empfehlen daher gesunden Menschen eine tägliche Zufuhr zwischen 250 mg und 500 mg EPA/DHA und explizit Schwangeren und Stillenden, mindestens 200 mg DHA pro Tag zu sich nehmen. Übereinstimmend mit den Empfehlungen von Fachgesellschaften empfiehlt der Arbeitskreis Omega-3 e. V. eine Zufuhr von mehr als 300 mg EPA/DHA pro Tag und schließt sich der Empfehlung während Schwangerschaft und Stillzeit an.
Fisch ist die vornehmliche Omega-3-Quelle
Fisch – insbesondere fettreiche Kaltwasserfische wie Lachs, Makrele, Hering, Thunfisch und Sardine – werden weltweit als die Quellen für Omega-3-Fettsäuren empfohlen. Zwei Fischmahlzeiten in der Woche (ca. 200 g) werden für eine gute Versorgung als ausreichend angesehen. Insbesondere für Schwangere wird stets darauf hingewiesen, kein Fleisch von großen Raubfischen – wie z. B. Thunfisch – zu essen, da diese bekanntlich am Ende einer langen Nahrungskette stehen und somit mehr Schwermetalle und andere toxische Substanzen enthalten können. Dass bei der Zubereitung von Fisch besondere Hygieneregeln in der Küche zu berücksichtigen sind, weiß mittlerweile jede und jeder.
Die Deutschen essen zu wenig Fisch
Die Nationale Verzehrsstudie NVS II zeigt, dass in Deutschland viel zu wenig Fisch gegessen wird. Mit wöchentlich knapp 100 g Fisch und Krustentieren nehmen Erwachsene im Mittel nur etwa die Hälfte der empfohlenen Wochenmenge zu sich. Bei Jugendlichen liegt der Konsum mit rund 39 g pro Woche sogar sehr weit darunter. 16 Prozent der Bevölkerung essen gar keinen Fisch, bei den Jugendlichen ist es jeder Dritte. Ihnen empfiehlt der Arbeitskreis Omega-3 e. V. die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren entweder durch angereicherte Produkte wie Brot, Brötchen, Margarine und Eier oder durch Nahrungsergänzungsmittel wie Fischölkapseln.
Anreicherung mit Omega-3-Fettsäuren birgt keine gesundheitlichen Risiken
Angesicht technologischer Grenzen bei der Anreicherung vieler Lebensmittel ist aus Sicht des Arbeitskreis Omega-3 e. V. nicht zu erwarten, dass selbst eine Anreicherung einer größeren Lebensmittelpalette bei der Bevölkerung zu einer täglichen Gesamtaufnahme von EPA und DHA führt, die gesundheitliche Risiken birgt. Im Gegenteil: Anreicherung erhöht die Chance einer ausreichenden Versorgung mit diesen langkettigen Omega-3-Fettsäuren, die als unzureichend anzusehen ist. Insbesondere denjenigen, die sehr wenig oder keinen Fisch essen, ermöglichen es angereicherte Lebensmittel, ihre Zufuhr sicherzustellen, da aufgrund der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnislage bei üblicher Kost die Umwandlung der pflanzlichen Omega-3-Fettsäure alpha-Linolensäure, z. B. aus Lein-, Raps- und Walnussöl, lediglich einen geringen Beitrag zur Versorgung leistet.
Ergebnisse einzelner Studien sind ein Baustein der Forschung, aber kein Anlass, gesicherte Erkenntnisse zu verwerfen Forschung lebt davon, dass sich Ergebnisse einzelner Studien bestätigen lassen oder auch nicht, was dann ggf. zu einer Kurskorrektur führt. Werden Erkenntnisse zitiert und publiziert, ist es zwingend, sie in den passenden Kontext zu stellen und den Aufbau der zugrundeliegenden Studie(n) intensiv zu prüfen.
Dass das oftmals nicht geschieht, lässt sich am Beispiel der so genannten OMEGA-Studie aufzeigen, die unter Leitung von Professor Dr. Jochen Senges, Institut für Herzinfarktforschung Ludwigshafen an der Universität Heidelberg, durchgeführt wurde. Sie zeigte, dass sich bei Herzinfarktpatienten, die eine optimale chirurgische und medikamentöse Therapie erfuhren, durch Einnahme von täglich ca. 1 Gramm Omega-3-Fettsäuren keine zusätzlichen positiven Effekte einstellten. Da hier bereits Erkrankte untersucht wurden, lassen sich die Ergebnisse nicht auf Gesunde übertragen. Und dass die Gabe eines Nährstoffs bei Patienten, die eine optimale Therapie nach aktuellen Standards erfahren haben, nicht mehr viel ausrichten kann, ist nicht überraschend.
Keinesfalls schmälern die Erkenntnisse aus der OMEGA-Studie also die Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren für Gesunde: Ihre vorbeugende Wirkung gegen einen (ersten) Herzinfarkt ist weiterhin vollkommen unbestritten. Die Ergebnisse der OMEGA-Studie sind vielmehr ein wertvoller Baustein für die medizinische Erforschung der Vorbeugung gegen einen erneuten Herzinfarkt.
Fest steht, dass Omega-3-Fettsäuren lebensnotwendig sind. Daher sollte in jeder Lebensphase auf eine ausreichende Zufuhr geachtet werden.