Sommerwein: Das klingt leicht, fruchtig, spritzig, nach Sonnenschein und leichtem Leben. Was aber ist ein Winterwein? Nicht Glühwein, wie jetzt manch einer denken mag, sondern ein Wein, der zuverlässig durch die kalte Jahreszeit begleitet und vor allem neben den ganzen kräftigen Speisen des Winters nicht untergeht. Bestimmte Sorten gehen dabei immer, während andere nicht unbedingt jedermanns Sache sind.
Winterwein: Aromen Schule
Während der Sommer zumeist nach frischen Aromen wie Melone, Zitrone, feinperliger Spritzigkeit und vor allem eisgekühlten Getränken verlangt, wäre ein eiskalter Wein im kalten Winter eher ein Graus. Aromen wie Pflaume, Beeren, Zimt, Nelken und Schokolade entfalten sich am besten bei Zimmertemperatur und gehören zu den kräftigen Speisen des Winters. Diese Aromen kommen vor allem in Tannin haltigen Weinen vor und bringen immer eine gewisse Vollmundigkeit mit. Lakritz, Anis und Schwarzer Pfeffer sind weitere Aromen, die sich im Winterwein finden. Während die Charakteristika des Weiß- und Rosé-Weins also eher für den Sommer sprechen, sind für den Winter eher die Rotweine das Mittel der Wahl.
Dass eher zu den roten Sorten gegriffen wird, erklärt sich auch aus den typischen Speisen des Winters. Kräftiges rotes Fleisch wird schließlich traditionell von einem kräftigen Rotwein begleitet, der den starken Aromen standhalten kann. Wärmende Eintöpfe, kräftiges Rindfleisch in einer würzigen eingekochten Soße, Knödel, Rotkraut – ein Weißwein könnte da nicht mithalten. Dunkle Früchte und Gewürze gehören zu den trockenen bis halbtrockenen Weinen, die vor allem aus den wärmeren Gebieten dieser Erde kommen. Australien, Italien, Frankreich, aber auch Kalifornien bringen Sorten hervor, die im Sommer genug Sonne getankt haben, um im Winter zu wärmen.
Die Stars im Winterwonderland
Die roten Trauben für die Winterweine entstammen vor allem den folgenden Rebsorten:
- Cabernet Sauvignon
- Syrah und Shiraz
- Zinfandel und Primitivo
- Petite Sirah
Aber auch andere Sternchen wie Corvina, Rondinella und Molinara gesellen sich dazu und werden in besonderer Verarbeitung zu einem Wein für große Feste – und nicht zuletzt ist auch Eiswein ein wahrer Winterwein. Auch wenn alle vorgestellten Weine rot und kräftig sind, haben sie doch sehr unterschiedliche Ausprägungen, die schon mit der Rebsorte zusammenhängen. Von süß und fruchtig bis knochentrocken ist alles mit von der Partie.
Cabernet Sauvignon: Der Cabernet Sauvignon gehört zu den Spitzenweinen und wird heute weltweit angebaut. Sein Bouquet bleibt spannenderweise immer gleich, egal wo er wächst. Die Rebe ist dabei nicht sonderlich anspruchsvoll – außer Lehmboden und direkte Sonneneinstrahlung benötigt sie fast nichts. Das Bouquet ist dann vor allem von schwarzer Johannisbeere geprägt, kann Lakritz Aromen annehmen oder im Abgang nach grüner Paprika schmecken.
Die Weine werden darüber hinaus oft im Eichenfass gelagert, um Röst- und Vanille-Aromen hinzuzufügen. Je länger er lagert, desto harmonischer wird er. Die jungen Weine sind eher samtig. Die Traube kommt dann vor allem in Weinen aus Bordeaux vor und formt immer einen kräftigen, fruchtbetonten Rotwein, mit intensiven Tanninen und dunklen Frucht-Aromen wie Pflaume, Brombeere und natürlich schwarze Johannisbeere. Waldpilze, Rindfleisch in allen Variationen und kräftiger Kuhmilchkäse gehen besonders gut dazu.
Syrah: Der Syrah ist der Zwilling des australischen, kanadischen, US-Amerikanischen und südafrikanischen Shiraz. Seine Heimat ist Frankreich. Im Rhône-Tal gelang ihr der Aufschwung zur Edelrebe, sie ist auch eine Diva im Anbau. Bei zu wenig Sonne wird die Traube nicht reif, schmeckt grün und unreif, bei zu viel Sonne hingegen kippt die Reife schnell zur Überreife, wodurch die Säure verloren geht und das fruchtige Aroma verschwindet.
Ist die Traube jedoch auf den Punkt gereift, bringt sie ein sehr volles, intensives Aroma mit sich, weswegen sie nicht für jeden der optimale Begleiter ist. Die Aromen sind kräftig, können rauchig und nach gepökeltem Fleisch schmecken, aber auch Blaubeeren sind mit von der Partie. Dazu passt ein ähnlich kräftiges Fleisch wie Lamm oder auch sehr würzige Käse.
Zinfandel: Während der Syrah also eher kompliziert ist, ist der Zinfandel das genaue Gegenteil. Auch Primitivo genannt kommt die Rebsorte ursprünglich aus Kroatien. Ihre Auswüchse reichen von fruchtig leicht bis marmeladig süß. Frucht ist dabei immer eine wichtige Komponente, auch wenn es ein eher schwerer Primitivo ist, der aus den Trauben gemacht wird.
Mit dieser fruchtigen Süße passt er zu allem, was tomatig ist – die gemüseartige Beerenfrucht passt durch die Würze und zugleich süße Art nämlich genau so gut zu den Aromen des Weins. Schwerere Exemplare eignen sich bisweilen auch zum Dessert, gepaart mit dunkler Schokolade und reifem Käse.
Petite Sirah: Der Petite Sirah wächst hauptsächlich in Kalifornien, aber wird auch in Südamerika und Mexiko angebaut. Die Traube mag vor allem die Wärme, ist kleinbeerig und eher spontan aus verschiedenen Kreuzungen aus Sirah, Peloursin und Pinot Noir entstanden. Ähnliche, in Europa gezogene Weine heißen Durif. Beide jedoch haben gemeinsam, dass die Weine sehr kräftig im Geschmack sind, eine sehr dunkle Farbe haben und sehr tanninhaltig sind. Wegen ihrer dunklen Farbe kann auch mit ihr gefärbt werden. Geschmacklich sind sie dann so, wie sie aussehen: Dunkel, kräftig, mit vielen Bitterstoffen, die an dunkle Schokolade erinnern und bitter-fruchtigen Noten wie Pflaume, Dörrpflaume und schwarze Johannisbeere.
Zu so vielen schweren Aromen braucht es ein Gericht, das ihnen standhalten kann. Geschmortes dunkles Fleisch, kräftige Eintöpfe, sehr würzige, südamerikanische Speisen und üppige, kräftige Käse passen dazu – leichteres wird von dem Wein überlagert. Er ist sehr reichhaltig und vollmundig, würzig und kräftig.
Winterliche Besonderheiten
Diese vollen kräftigen Rotweine, die alle insgesamt unterschiedliche Aromen mit sich bringen, mal stärker und mal schwächer sind, passen perfekt zu kalten Tagen und vor allem dem Essen an kalten Tagen. Die Gemütlichkeit von Kaminabenden findet sich in den eher schwereren Rotweinen wieder. Diese sind ganz anders, als die leichten Sommerweine, die es noch vor einigen Wochen gab.
Weitere Spezialisten, die sich im Winter besonders gut machen beziehungsweise erst im Winter entstehen, sind Amarone und Eiswein, die beide eher unübliche Verarbeitungsarten haben:
Amarone: Der Amarone hat eine ähnlich unklare Vergangenheit wie der Petite Sirah, um den sich viele Legenden und Spekulationen ranken. Bei ihm handelt es sich jedoch um eine spezielle Verarbeitungsweise, nicht um eine Rebsorte. Er gehört zu den eher süßlichen, sehr starken Weinen, die mit getrockneten Trauben der Sorten Corvina, Rondinella und Molinara hergestellt werden. Der Amarone entsteht dabei im italienischen Valpolicella und wird aus trockenem Rotwein hergestellt. Die Trauben werden dann wie ein Süßwein ausgebaut – mit Trocknung und anschließender Gärung, die dank des hohen Zuckergehaltes und besonderen Hefen zu Alkoholgehalten von 14 % bis 16 % gereichen. Danach sind noch mindestens zwei Jahre Lagerung in Eichenfässern notwendig, um das volle Aroma auszubauen. Manche dieser Weine lagern sogar bis zu acht Jahre.
Das Ergebnis: Ein tiefroter, voller, samtiger Wein mit leichten Bitternoten, vielen Gerbstoffen, der zwischen herb und süß liegt und groß nach reifen, getrockneten Früchten schmeckt. Vor allem Wild und schwere Gerichte passen dazu, aber auch intensive Geschmäcker wie der von Blauschimmelkäse. Da auf dem Weg zum fertigen Wein so viel schief gehen kann, sind die geglückten Amarone ganz besondere Exemplare, die Spitzenpreise erzielen können.
Eiswein: Eiswein ist ein Kind des Winters und ist dank seiner Herstellungsart ebenfalls ein besonderer Wein. Er wurde in Deutschland eher durch Zufall entdeckt, als die Trauben im Herbst nicht geerntet werden konnten, da sie schlichtweg nicht reif geworden waren. Qualitativ ist er gleichzusetzen mit der Beerenauslese, kann jedoch im Gegensatz zu ihr nicht in jedem Jahr geerntet werden, da der Reifepunkt erst entsprechend spät kommen darf, um ein Faulen der Traube zu verhindern und auch dann viele Witterungsumstände dafür sorgen können, dass die Ernte dennoch nicht gelingt. Dann ist es außerdem so, dass nur ein Bruchteil der eigentlichen Menge aus den Beeren zu gewinnen ist, da der Großteil des gefrorenen Wassers in den Beeren zurückbleibt. Das Ergebnis jedoch ist dann ein hochwertiger, recht dickflüssiger Wein, der besonders durch seine Süße auffällt.
Der Eiswein wird grundsätzlich erst im Winter geerntet, wenn die Trauben ordentlich durchgefroren sind und sich die in der Traube gelagerten Zucker mit Fruchtsäuren und dem wenigen, nicht gefrorenen Wasser verbindet. Das erklärt die geringe Ausbeute und den deutlich fruchtigen, süßen Geschmack. Erzeugt wird der größte Teil in Kanada, wo auch Eis-Cider hergestellt wird, da sich die kalten Temperaturen einfach dafür anbieten. Aber auch in Deutschland, Österreich, Luxemburg wird Eiswein in seiner traditionellen Form hergestellt. Neuseeländischer Eiswein hingegen ist nicht – oder nur sehr selten – an der Rebe entstanden, da hier das Gefrieren normal geernteter Trauben zulässig ist.
Es bleibt festzuhalten: Die Weine des Winters – ob große Rotweine, Amarone oder Eiswein – sind ganz besondere Weine, die tolle, volle Geschmäcker an den Tag legen und große Momente bedeuten. Sie begleiten zünftiges Winter-Essen, Süßspeisen und kalte Kaminabende und bringen eine besondere Gemütlichkeit mit sich. In diesem Sinne erheben wir unser Glas voll Winterwein auf kalte Tage und freuen uns auf die vielen dunklen Abende, die uns bevorstehen, um alle großen Sorten zu probieren. Salute!